14.12.2022
Diese Woche ging es um das Gehirn bzw. darum, dass unser Gehirn veränderbar ist. Darum, dass wir es steuern können, wie wir uns fühlen. Unser Gehirn besteht aus Millionen von Nervenzellen, den Neuronen. Man kann es sich – kindgerecht – wie ein Netz aus verschieden großen Straßen vorstellen. Es gibt kleine Feld- und Waldwege und größere Straßen und sogar Landstraßen und doppelspurige Autobahnen. Auf jeder Straße fahren Gefühle. Nicht nur die fahren dort, allerdings wollte ich anknüpfen an die voran gegangenen Stunden. Je nachdem, wie viel und wie oft wir an schöne Dinge denken, werden diese Autos mehr und die Straßen werden größer. Je nachdem, welchem Gefühl ich mehr Macht gebe, wird das Straßennetz an dieser Stelle dichter und verdrängt andere.
Wir haben mit Karton, Papier, Farbe und Murmeln unser eigenes Straßennetz gestaltet. Die Kinder durften sich dafür ihre Farben für die jeweiligen Gefühle aussuchen und diese dann mit Murmeln durch Hin- Und Herbewegen des Kartons verteilen. Lassen Sie es sich von Ihren Kindern erklären. Es war süß zu beobachten und auch im Gespräch zu erfahren dass sie hauptsächlich ein Netz aus Glücksstraßen „malen“ wollten.
Das Gehirn braucht Wiederholungen, um sich Dinge zu merken und zu verstärken. Das habe ich am Beispiel des Falten eines Papierfliegers versucht darzustellen. Wir haben alle einen Flieger gefaltet und diesen wieder und wieder aufgefaltet, um ihn immer wieder noch stärker zu falten. Die Faltungen wurden stärker. Ähnlich der Furchen, der breiteren und größeren Straßen in unserem Gehirn, wenn wir Dinge durch Wiederholungen erlernen. Und das ist nicht nur mit Mathematik oder dem Lernen eines Liedes so(Die Kinder konnten schöne Beispiele dafür nennen.), sondern eben auch mit dem Erlernen von „Glücklich-Sein“. Auch Glück ist trainierbar.
Tauchen Sie ein ins Gespräch mit Ihren Kindern und nehmen Sie sich einfach Papier, um Papierflieger zu basteln und sich darüber auszutauschen, was denn die tiefen Faltzungen mit dem Gehirn zu tun haben. Dieses Thema ist so weit und natürlich sind die Stunden dafür zu kurz. Ich möchte allerdings so viel wie möglich anreißen. Und durch die praktische Auseinandersetzung damit bleibt bei den Kindern eben mehr in Erinnerung. Wenn die Kinder jetzt noch nicht verstanden haben, wie das Gehirn funktioniert, ist das nicht schlimm. Allerdings glaube ich fest, dass die meisten darüber nachdenken, was Glück und Glücklich-Sein bedeutet, dass es in Ihrem Leben ein erstrebenswertes Ziel sein könnte. Und die meisten werden sich auch gemerkt haben, dass es Wiederholungen braucht, um wirklich etwas zu lernen. Und sie haben sich die Glücksautobahnen gemerkt, die sie sich alle in ihrem Gehirn wünschen.
Natürlich haben alle Gefühle ihre Berechtigung; allerdings können sie/wir selbst entscheiden, wie lange ein Gefühl anhält, wie groß die Straße dafür in ihrem Gehirn wird. Vielleicht lenken sie das nächste Mal als Erster nach einem Streit ein, weil sie sich nicht länger wütend fühlen möchten. Vielleicht sind sie das nächste Mal nicht so lange bockig, weil sie in dieser Zeit lieber mit ihrem Papa oder ihrer Mama spielen würden. Vielleicht sind sie lieber mal nett zu anderen Kindern anstatt gemein zu sein. Und wir alle wissen, wie gemein Kinder sein können. Und liebe Eltern, ich erzähle Ihnen auch nichts Neues, wenn ich sage, dass aller Grundstein zu Hause gelegt wird: Alles Grundverständnis für den Umgang mit anderen Menschen. Wir sprechen hier von Respekt und Achtung, Empathie und Höflichkeit. Jeder Erzieher, Lehrer und Pädagoge - sei es im Kindergarten oder der Schule, auch der weiterführenden Schule – KANN gar nicht jedes einzelne Kind in den Grundnormen erziehen. Im Gegenteil: sie sollten davon ausgehen können, dass jedes einzelne Kind diese Grundwerte mitbringt.
Beispiel:
Wir Elternräte hatten in der letzten Sitzung die Diskussion darüber, wie sich unsere Kinder an der Bushaltestelle benehmen und wie sie sich benehmen sollten. Wiederholt wurde gesagt, dass es wahrscheinlich Wiederholungen braucht. Es muss immer und immer wieder gesagt werden, dass dort nicht geschubst wird, dass alle auf dem Fußweg bleiben, dass einfach gewartet wird bis der Bus kommt. Und dass es sogar möglich sein könnte, dass die Rucksäcke von Sitzplätzen herunter genommen werden, damit ein anderes Kind auch sitzen kann.
Ich möchte nicht, dass sie mich missverstehen. Ich freue mich auf jeden Tag und jede Stunde, die ich mit Ihren Kindern verbringen darf. Es ist schön, zu erleben, wie mich viele grüßen, wenn sie mir begegnen. Einige machen „high-five“, einige wollen mich umarmen. Andere rufen mir zu: Wir sehen dich morgen im Unterricht. Frau Glück werde ich auch genannt. Es gibt zwar Unruhe in den Klassen, allerdings nehmen diejenigen, die sich beteiligen (Und das tut der Großteil.) auch etwas mit. Ich merke, wie sie lernen wollen, Dinge erfahren wollen – denn es geht um ihr eigenes Wohlbefinden, um ihr Leben.
Und an dieser Stelle hole ich sie nochmal mit ins Boot. Wir als Eltern haben die Hauptaufgabe, die Hauptverantwortung. Und sicher müssen wir da auch mal kurz (oder länger) tief in uns hinein sehen. Reflektieren. Und ja: das kann weh tun und ja, das mag auch erst einmal nicht schön sein. Denn wenn es einfach wäre und es schön ist, dann könnten das unsere Kinder auch fühlen, weil sie es von uns übernehmen. Wir als Eltern legen den Grundstein. Und müssen immer weiter machen und die Verantwortung nicht an Kindergarten oder Schule abgeben.
Worum geht es im Leben? Geht es um Noten und eine Bildungsempfehlung? Oder geht es darum, dieses eine bewusste Leben auf dieser Welt so glücklich wie möglich zu gestalten?
Lernen fällt leichter, wenn man sich wohl fühlt. Und dafür ist das Projekt „Glück“ da. Dass alle ein bisschen glücklicher werden. Miteinander und gemeinsam lernen, ein Klasse(n)-Team zu sein als wertvoll zu empfinden und deswegen erst einmal zu schauen, was man selbst an sich ändern kann. (Leider fällt das auch vielen Erwachsenen schwer.) Und auch deswegen findet dieses Projekt in der Grundschule statt, weil wir in diesen Lebensjahren noch prägend sind.
Dieses Projekt findet auch statt, weil wir damit die Gesellschaft, die Welt zum Guten wenden. Oder zumindest unseren Anteil leisten.
Wir können unsere Kinder immer nur bestärken. Und das tue ich in jeder Stunde – persönlich. Ich höre zu, ich bin auf Augenhöhe, frage nach.
15.12.2022
In beiden Klassen heute hatten wir eine Aufmerksamkeit, ein Zuhören, eine Motivation, eine gute Stimmung, eine Lernbereitschaft. Es war wirklich schön, die Kinder wissbegierig zu erleben und genauso durfte es jedes Kind nutzen, einfach Fragen zu stellen oder Gedanken zu äußern. Es gibt in diesem Unterricht kein Richtig und kein Falsch geht, weil es um einen selbst und die eigenen Gefühle und Gedanken geht.
Das Falten des Papierfliegers gestaltete sich in den Klassen unterschiedlich, das allerdings auch am Dienstag und auch gestern schon. Angepasst und situativ entschieden an jede Klasse. In einer Klasse durfte einer, weil er es unbedingt wollte, seine Variante des Fliegers falten und durfte deswegen „Lehrer“ spielen und es der Klasse erklären. Situativ, weil dieses Kind ausprobiert, erlebt, wie das ist, anderen Menschen etwas beizubringen, vorzumachen, diese anzuleiten. Zauberhaft. Er hat dadurch die Möglichkeit bekommen, sich auszutesten und etwas über sich zu lernen.
Sie durften dann natürlich nach drei bis viermaligem Falzen des Fliegers (Um die oben genannten Furchen und das lernen durch Wiederholungen zu erklären.)diesen auch fliegen lassen. Und auch das war spannend. Alle haben mitgemacht; manche flogen der Länge nach durch das ganze Zimmer und dann wurde an wieder anderen noch mal verfeinert und eine Furche tiefer gemacht oder eine neue ist entstanden. Manche wollten den Flieger unbedingt bemalen, andere etwas darauf schreiben. Und jeder durfte genau das machen. Das ist Ausleben von Kreativität und Freiheit. Und das steht in keinem Widerspruch zu Werten und Normen. Vor allem in menschlicher Hinsicht.
16.12.2022
Ich habe Kinder erlebt, die sich gegenseitig nette Dinge sagen und bestärken; die ausdrücken, wie es ihnen damit geht. Die Kinder sind so toll. Sie öffnen sich, sie schauen in sich, sie fragen nach; sie zeigen mir alle ihre Gefühlskreise, „Straßennetz-Bilder“ und die selbst geschriebenen Enden der Geschichte vom kleinen Marienkäfer, weil sie stolz sind. Und sie haben alle schon jetzt etwas mitgenommen, mitbekommen vom Fühlen von Glücklich-Sein.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie, Ihren Kindern eine besinnliche Weihnachtszeit in der leisen Hoffnung, dass diese jeder von uns als freie Zeit genießen kann. Dass wir uns alle die Zeit nehmen, Zeit mit unseren Kindern zu verbringen mit Dasein, Unterhalten, Fragen, Spaß haben. Dass wir alle in eine wirkliche Zeit der Entspannung kommen und diese ganz bewusst für uns nutzen. Alles ist hektisch geworden in unserer Zeit, jeder fühlt sich unersetzbar. Dabei müssen wir uns immer bewusst machen, was wichtig ist im Leben. Ich finde, mentale Gesundheit ist mit ganz weit vorn – wenn es eine Rangliste gibt. Also denken Sie bitte auch an sich. Und Lachen und Glück und Liebe helfen ganz viel dabei. Sonst werden auch unsere Straßen im Gehirn mit den schlechte-Gefühle-Autos immer größer und breiter. Denn: wie wir auch gelernt haben - und es noch mehrmals wiederholen werden, damit es verinnerlicht wird – das Gehirn ist veränderbar.